Stierischer Ernst
Stierkampf – die Übersetzung des spanischen corrida de toros führt in die Irre. Kampf bedeutet, dass am Anfang offen ist, wer am Ende gewinnt oder verliert. Eine corrida hingegen ist ein traditionelles Tötungsritual in drei Akten, bei dem der Stier so gut wie immer unterliegt und stirbt. Tom, Tourist aus Oklahoma, wusste das nicht, als er sich eine Eintrittskarte für die corrida in Mallorcas Hauptstadt Palma kaufte. Entsetzt sah er, dass Stierkampf mit amerikanischem Bullenreiten nichts zu tun hat. Von Markus Harmann
Der 530 Kilo schwere Körper bebt, rasend pumpt das Herz. Mit gesenktem Kopf steht der Stier in der Arena. Die Zunge hängt ihm aus dem Maul. Überall auf seinem schwarzen Fell glitzert Blut.
Auf den Rängen der Stierkampfarena von Palma de Mallorca ist es still geworden, die Kapelle hat aufgehört zu spielen. Tom sitzt regungslos auf seinem Platz in Reihe 13 und starrt in das Rund aus grobkörnigem Sand. Dort nähert sich Juan José Padilla tänzelnd dem Stier. In der Hand hält der Matador das rote Tuch, die Muleta. Darin eingeschlagen: der Degen.